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Es ist geschafft. Heute stieg ich sehr früh aus dem Bett, packte meine Sachen und verspeiste noch ein paar Reste meines Abendessens. Diesmal also kein leckeres Frühstück in der Herberge. Ich hatte ein Ziel, so viele Kilometer des restlichen Weges zurücklegen, wie es mir möglich ist. Der gut gelaufene Vortag gab mir Zuversicht. Am Vormittag fing es dann leider an zu hageln, später zu regnen und schließlich zu schneien. Meine Brille war nicht mehr frei und so konnte ich kaum etwas sehen. Zudem war meine Hose nass und noch viel katastrophaler: meine Schuhe. Die Füße begannen also schon an zu frieren bevor ich auch nur annähernd die Hälfte geschafft hatte. Ich überlegte schon mir ein Zimmer zu nehmen und morgen weiter zu fahren, entschied mich aber fürs Kämpfen. Steigungen, die ich mit dem Fahrrad nicht hochfahren konnte nutzte ich um die Füße zu wärmen, indem ich besonders schnell lief und das Rad schob. Gegen 14 Uhr hörte der Schneeregen dann auch wieder auf und die Fahrt wurde leichter. Ich war in Baden-Württemberg, das Ziel war nah und ich wollte es schaffen, heute. Also biss ich die Zähne zusammen und fuhr und schob und fuhr und kam an. Leider an der falschen Adresse. Das Navigationssystem hat mich im Stich gelassen und mich zur falschen Straße geführt. Nochmal ein paar Kilometer mehr. Egal. Es wurde dunkel, aber ich fuhr, als wäre ich gerade erst auf das Rad gestiegen und machte mich auf die letzten Meter hinter mich zu bringen. Und jubelte dann mit einer Freude, die mich komplett ausfüllte.

Bei meiner Schwester konnte ich dann schön warm duschen und bekam ein leckeres warmes Abendessen. Die Wäsche steckten wir auch noch in die Maschine und sobald diese aufgehängt ist, geht es ins Bettchen. Morgen muss ich nicht weiter, ich habe über 650km hinter mir und bin erleichtert und überwältigt, dass ich dieses Ziel wirklich gemeistert habe. Ich bin angekommen.

Nach dem Frühstück und einer zweiten Dusche heute früh ging ich wieder auf mein Fahrrad und wollte los. Nach kurzer Zeit fiel mir auf, dass ich mein Stirnband vergessen hatte, mist. Schon wieder ein Rückschlag. Ich dachte mir, dann werden die Ohren eben kalt. Aber vor allem die Kälte hatte mich die letzten zwei Tage erheblich geschwächt. Also fuhr ich zurück und hoffte, dass noch jemand da ist, ich hatte den Schlüssel des Hostels nämlich einem Automaten überreicht. Und ich hatte Glück, eine Dame, die mir auch das Frühstück gemacht hatte, war noch da. Das Stirnband war hinter die Heizung gerutscht.

Das fing ja gut an. Aber dann verflogen die Kilometer nur so hinter meinen Reifenspuren. Ich war endlich wieder dabei vor allem zu fahren. Hier und da gab es Hügel, die ich dann doch schieben musste, aber überwiegend ging es abwärts. Ein Hochgenuss. Und dann hatte ich auch schon Thüringen endlich hinter mir gelassen und Bayern erreicht. Ich habe es von Berlin nach Bayern mit dem Fahrrad geschafft. Ich war so glücklich als ich das begriffen hatte. Auch in Bayern ging es weiter mit meinem Glück, die Sonne strahlte mehr und mehr und wärmte mich und auch hier ging es überwiegend abwärts. Einen Tag zuvor musste ich noch mit einem zugeschneiten Berg kämpfen. Das Schwerste waren nun die schier endlosen Felder mit dem einen Weg darin, auf dem ich mich befand. Plötzlich stand ein Falke neben mir, ganz nah. Er sah mich an und ich ihn und er ließ mich weiterfahren und ich ihn weiterfliegen. Ein ganz besonderer Moment für mich.

Motiviert und überrascht durch meine Fortschritte habe ich mein eigentlich schon verworfenes Ziel Würzburg wieder ins Auge gefasst. Der Weg schien mir zu lang und war nun doch zu schaffen. Auf Pausen verzichtete ich heute, wenn ich das Rad schieben musste, weil ein Hügel zu steil war, dann aß ich eine Banane oder trank Wasser. Und als ich das Schild “Kreis Würzburg” las wusste ich, dass ich es schaffe. Ganze 130km liegen hinter mir. Meine Beine pochen, aber es fühlt sich gut an.

Nun ist es wirklich nicht mehr weit.

 

Im Bild links unten geht es übrigens bergab in 20cm hohem Schnee.

Ein schlimmer Tag neigt sich dem Ende. Ich bin nicht besonders weit gekommen, aber das ist nicht das Schlimme. Schlimm waren die Berge des Thüringer Waldes, der Weg darüber war aufwärts vereist und abwärts voller Schnee. Meine Füße waren also nicht nur durch das Laufen über den Berg belastet sondern auch noch nass und kalt. Bei einem Teilabschnitt war ich dann auch noch so dumm und habe mich trotzdem aufs Fahrrad geschwungen. Nach kurzer Zeit flog ich dann vom Fahrrad, weil es auf dem Glatteis keinen Halt mehr fand. Habe aber nur ein paar rote Stellen am Ellenbogen davon getragen. Außerdem hätte ich gerne ein Video von diesem Sturz. Ich schlitterte nämlich noch etliche Meter mit dem Fahrrad zusammen weiter, bevor ich mich wieder aufrichten konnte.

Nachdem ich endlich die andere Seite des Berges erreicht hatte und wieder Asphalt unter den Rädern hatte, ging es überwiegend bergab. Auch nicht leicht zu fahren, man muss ständig bremsen. Kurz vor Suhl passierte dann noch das Traurigste des Tages. Ich verlor meinen Hoodie. Eine schwarze Jacke weniger, die mich wärmen könnte. Mist.

Nachdem ich weniger Kilometer zurück bin, um den Hoodie noch zu finden (leider ohne Erfolg), merkte ich die nassen Füße. Sie froren genauso wie meine Hände, die mit zwei Paar Handschuhen verpackt waren. Dieser Umstand und die Zeit zwangen mich in Suhl eine Unterkunft zu finden. Das hat zum Glück geklappt.

Das Vorhaben, die verloren Kilometer von gestern wieder einzuholen und das Gebirge zu bezwingen, hat also nur halb geklappt.

 

Nach dem Frühstück in Buttelstedt befreite ich mein Fahrrad von dem Schlamm des Vortages, leider ging das nicht besonders gut. Daher waren meine Hose und die Fahrradtasche am Ende des Tages voll mit Spritzern. Der Weg war diesmal von Anfang an schwierig und hat mir keinen leichten Einstieg wie die Male zuvor gewährt. Zudem nieselte es nahezu dauerhaft und ich kühlte immer weiter aus.

Und dann wurde ich von einem Bach gestoppt, der über den Radweg verlief. Er war jedoch erheblich zu tief um durchzufahren. Nachdem ich die Seiten nach einer dünneren Stelle absuchte und keine fand, habe ich den einzigst möglichen Weg gewählt, eine Eisenbahnbrücke, dafür musste ich zunächst den Hügel besteigen, dann die Schienen überqueren und wieder den Hügel auf der anderen Seite absteigen. Mit vollbepacktem Fahrrad. Das hat meine letzten Kraftreseveren aufgebraucht. Dennoch bin ich noch einige Kilometer weiter gekommen, habe in Arnstadt jedoch die Reißleine gezogen, da ich trotz meiner Jacke anfing zu zittern.

Mein Ziel ist es, morgen die verlorene Zeit wieder aufzuholen. Hoffentlich gelingt das.

Nach zwei Tagen Pause in Leipzig habe ich mich wieder auf den Weg gemacht, also ist Tag 3 eigentlich der Fünfte. Aber Ich zähle hier einfach nur die Tage, an denen ich auch fahre. Dennoch zählen die Tage in Leipzig, es war eine großartige Zeit. Ausgeruht ging es also weiter nach Buttelstedt, ein sehr kleines Städtchen in Thüringen. Die ersten Kilometer waren auch sehr angenehm zu fahren, dann kamen mehr und mehr Steigungen hinzu, die aber mit schnellen Bergabs belohnt wurden.

Kurz vor dem Ziel wurde ich dann jedoch durch einen sehr matschigen Weg aufgehalten. Er war zwar nur 3km lang, jedoch konnte ich nicht fahren, da ich in den Matsch versank. Und schiebend weiter zu kommen war ebenso nicht leicht. Der Matsch bremmste die Räder ab, indem er sich zwischen Rad und Schutzblech sammelte. Die Ankunft in der Pension verschob sich um Längen. Also rief ich bei der Pension an und der nette Besitzer holte mich dann am Ende der Matschpartie ab und fuhr mich die letzten 4km zur Pension. Der Supermarkt hatte mittlerweile zu und ich hatte Hunger, daher bin ich in die Pizzeria gegangen und habe mir eine Spinatpizza und drei große Spezi gegönnt.

Insgesamt eine schöne Erfahrung, die ich mit Buttelstedt in Verbindung bringe.

Nachdem ich sehr gut gefrühstückt hatte packte ich meine Sachen zusammen und machte mein Fahrrad wieder startklar. Mein Hintern schmerzte besonders, aber ich nahm mir vor, dass die Tour nach Leipzig nur noch 75km sind und das zu schaffen sei. Also schwang ich mich aufs Rad und fuhr los. Die ersten 10km gingen noch, dann fingen die Kräfte aber schon an nachzulassen. Ich beschloss alle 25km eine Pause zu machen, damit ich wieder Kräfte sammeln konnte und etwas Luft an meinen Po kommt. Diesmal ging es auch durch einen Wald und damit auf einen sandigen Untergrund. Furchtbar zu fahren. Meine Pausen taten gut und der Endspurt war geprägt von leicht zu fahrenden geraden Strecken, die nicht im Horizont endeten und damit endlos wirkten wie am Anfang. Und als ich dann endlich das Ortsschild von Leipzig sah, haben mich starke Glücksgefühle gestärkt. In Leipzig selbst musste ich dann auch noch 17km fahren, jedoch mit vielen Neigungen und einer Menge zu sehen. Ich habe es dann schließlich geschafft. Übernachten kann ich bei meiner Freundin Mandy, da mir die Oberschenkel stark schmerzen werde ich hier eine längere Pause einlegen, bevor es weiter geht.

Ganze 175km sind hinter mir, bleiben noch 425km. Die Berge kommen noch, vor denen fürchte ich mich ein wenig. Aber jetzt werde ich mich erstmal ausruhen.

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